Bis 2027 können Kasachstan und Zentralasien die Große Seidenstraße wiederbeleben

10 September 2024

Kasachstan hat eine historische Chance: Die Wiederbelebung der Großen Seidenstraße steht vor der Tür. Durch die Neuverteilung der globalen Logistikströme wird ein bedeutender Teil des Frachtverkehrs über zentralasiatische Routen geleitet.

Neue Anreize durch globale Entwicklungen

Der Binnenbedarf der zentralasiatischen Länder wurde jahrzehntelang durch Anlagen gedeckt, die noch aus der Zeit der Sowjetunion übrig waren. Es bestand praktisch kein Bedarf an modernen Klasse-A-Komplexen. Allerdings haben die Pandemie und die internationalen Sanktionen gegen die Russische Föderation neue Anreize für die Entwicklung der regionalen Logistik- und Lagerinfrastruktur gegeben.

Die Pandemie hat zu einer deutlichen Ausweitung des E-Commerce-Segments geführt, was zu einem starken Anstieg der Nachfrage nach hochwertigen Flächen geführt hat. Sanktionen haben die Konfiguration der eurasischen Transitrouten verändert. Zentralasien hat die einzigartige Chance, zum wichtigsten Transport- und Logistikknotenpunkt für den gesamten Kontinent zu werden und die alte Seidenstraße in einer neuen wirtschaftlichen Realität wiederzubeleben.

Kasachstan als Schlüsselakteur

Kasachstan profitiert von seiner strategisch günstigen Lage: Die kürzeste und zuverlässigste Route von China nach Europa verläuft durch sein Territorium und ist als Mittlerer Korridor oder Transkaspische Internationale Transportroute (TITR) bekannt. 2023 wurden 2,76 Millionen Tonnen Fracht über diese Route transportiert – eine Steigerung von 65 % im Vergleich zum Vorjahr. 2024 soll das Frachtvolumen auf 3,29 Millionen Tonnen anwachsen. Die Lieferzeiten haben sich bereits erheblich verbessert: Von 38–53 Tagen auf 18–23 Tage. In naher Zukunft könnte sich die Transportzeit sogar auf 14–18 Tage verkürzen.

Wachsende Nachfrage nach Logistik- und Lagerinfrastruktur

Die natürlichen Marktentwicklungen und steigende Anforderungen der Akteure treiben den Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur in Kasachstan weiter voran. Vier Hauptgruppen dominieren dabei die Nachfrage:

  • Internationale Marken
  • Marktplätze
  • Inländische Einzelhändler
  • Ausländische Logistikunternehmen (insbesondere aus Russland)

Der Bedarf an modernen Lagerflächen beläuft sich derzeit auf etwa 500.000 Quadratmeter. Doch das Angebot hinkt hinterher: Im ersten Quartal 2024 wurden lediglich 68.000 Quadratmeter neue Lagerflächen in Betrieb genommen. Insgesamt stehen nur 250.000 Quadratmeter an fertiggestellten oder in Planung befindlichen Lagerkomplexen zur Verfügung. Der aktuelle Lagerbestand in Kasachstan beträgt lediglich 1,4 Millionen Quadratmeter.

Hohe Nachfrage, hohe Preise

Der Mangel an modernen Lagerflächen führt zu überdurchschnittlich hohen Mietpreisen. In Städten wie Taschkent und Almaty liegt der Mietpreis bei über 150 US-Dollar pro Quadratmeter jährlich – das sind etwa 15 % mehr als in Dubai oder Manchester und 60 % teurer als in der Region Moskau.

Investitionsmöglichkeiten und Herausforderungen

Trotz der hohen Kosten bleibt Zentralasien für Investoren attraktiv, da sich die Amortisationszeiten von Lagerkomplexen auf etwa fünf bis sechs Jahre verkürzt haben – im Vergleich zu Europa, wo dies doppelt so lange dauern kann.

Mit einer durchschnittlichen Rendite von 17–20 % pro Jahr können Investoren ihre Investitionen in kurzer Zeit zurückgewinnen. Dennoch ist die Situation paradox: Kasachstan erlebt einen noch nie dagewesenen Lagerboom, hat aber derzeit nicht genügend Infrastruktur, um die steigende Nachfrage zu decken.